Erkrankungen der Prostata

Prostataerkrankungen galten lange als Leiden des alten Mannes. Die Wahrnehmung des Alters hat sich in den letzten Jahren jedoch stark verändert.

Inzwischen fühlen sich die meisten Männer mit 70 keineswegs alt.  Erkrankungen der Prostata sind daher heute oftmals ein Leiden des jung gebliebenen Mannes.

Diese Erkenntnis fliesst ein in unsere Behandlungskonzepte bei den verschiedenen Prostataerkrankungen.  Das gilt v.a. für die beiden häufigsten Erkrankungen der Prostata, die gutartige Prostatavergrösserung (Benigne Prostatahyperplasie, BPH) und den Prostatakrebs (Prostatakarzinom).

Die Prostata, oder Vorsteherdrüse, ist ein kastaniengrosses Organ, welches die männliche Harnröhre am Auslass der Harnblase, dem Blasenhals, umschliesst.  Durch langsame Grössenzunahme führt die Prostata bei über der Hälfte aller Männer im Verlauf ihres Lebens zu Störungen der Harnblasenfunktionen:  Harnspeicherung und kontrollierte Harnblasenentleerung

Die gutartige Prostatavergrösserung (Benigne Prostatahyperplasie oder BPH)

Die Benigne Prostatahyperplasie ist an sich keine Erkrankung, sondern bezeichnet die meist langsame Vergrösserung der Prostata bei zunehmendem Alter.

In erster Linie handelt es sich um eine Volumenzunahme der Prostatainnendrüse. Diese kann zu Reizblasenbeschwerden und/oder zu Kompression der Harnröhre mit Erhöhung des Ausflusswiderstands führen. Die BPH manifestiert sich meist nicht vor dem 55. Lebensjahr.  In Ausnahmefällen sind aber bereits Männer um das 45. Lebensjahr betroffen.

Die wichtigsten Zeichen einer Prostatavergrösserung sind neben der Reizblase die Harnstrahlabschwächung und das Gefühl der unvollständigen Blasenentleerung.  Bemerkt wird vielfach ein anfängliches Warten, bevor die Entleerung ausgelöst werden kann. Der vermehrte nächtliche Harndrang kann Lebensqualität erheblich stören.

Die akute Harnverhaltung oder Harnsperre ist eine gefürchtete und sehr schmerzhafte Komplikation der BPH. Die Blasenentleerung ist dann trotz übervoller Blase unmöglich. Dieses zwingt zu einer sofortigen Entlastung der Harnblase mittels Blasenkatheter.  Dieser wird  via Harnröhre oder alternativ in örtlicher Betäubung direkt über den Unterbauch eingebracht (suprapubischer Zystostomiekatheter, Zystofix).  Ein chronischer Harnstau dagegen kann die Funktion der Blase unwiederbringlich zerstören und zum Nierenversagen führen.

 

Behandlung der Benignen Prostatahyperplasie

Die gutartige Prostatavergrösserung bedarf einer Behandlung, wenn 1. die Beschwerden so stark sind, dass die Lebensqualität leidet, oder wenn 2. Komplikationen drohen bzw. bereits eingetreten sind.  Zur medikamentösen Behandlung stehen neben pflanzlicher Mittel sog. Alphablocker zur Verfügung, welche die muskulären Anteile von Blasenhals und Prostata entspannen und den Harnfluss merklich erleichtern.  Weiterhin werden Medikamente eingesetzt, die direkt in den Hormonhaushalt der Prostata eingreifen (sog. 5-Alpha-Reduktase-Hemmer) und Mittel, welche die Überempfindlichkeit der Blasenmuskulatur dämpfen.

Die Aussicht auf eine operative Behandlung ist meist wenig beliebt bei betroffenen Männern und daher erst dann angezeigt, wenn Medikamente nicht mehr wirksam sind oder Komplikationen auftreten.  Dieses können Entzündungen (Prostatitis), Blutungen und Harnsperre sein.  Die operativen Verfahren haben das Ziel, in Blasenhals und Harnröhre wucherndes Prostatagewebe akribisch abzutragen und eine möglichst glatte trichterartige Wundfläche am Blasenausgang zu hinterlassen.  Dieses Operationsziel kann mit verschiedenartigen Instrumenten erreicht werden, in Abhängigkeit von Ausbildung, Erfahrung und Vorliebe des Operateurs.

Unsere Methode der Wahl ist die Elektroresektion auf endoskopischem Wege, d.h. unter direkter Sicht. Der Zugang erfolgt via Harnröhre (TUR-Prostata). Der Gyrus-Generator wird zum Schneiden und Veröden eingesetzt und als Spülmedium physiologische Kochsalzlösung verwendet. Das früher befürchtete Einschwemmsyndrom tritt damit nicht mehr auf.

Diese TUR-Technik gilt als Goldstandard mit den besten Sofort- und gut dokumentierten Langzeitresultaten. Diese Methode ist wenig invasiv und nebenwirkungsarm.  Auch Patienten, die blutverdünnende Medikamente benötigen, können in der Regel mit dieser Technik operiert werden.

Alternativ zur TUR-Technik werden verschiedene Laserverfahren seit über zwei Jahrzehnten alternativ zur Elektroresektion ausgetestet.  Die TUR-Technik wurde parallel weiterentwickelt und wird von uns unverändert favorisiert.   Erst ab einer Prostatagrösse von 120 ml oder mehr raten wir von einer TUR ab und führen eine offene Schnittoperation durch nach der Technik von Millin, bei der das Prostatagewebe komplett entfernt wird, während die Prostatakapsel im Körper verbleibt.

Prostatakarzinom

Prostatakrebs ist der häufigste Tumor des Mannes und stellt nach dem Lungenkrebs die zweithäufigste Todesursache an bösartigen Erkrankungen dar.  Im internationalen Vergleich tritt Prostatakrebs in der Schweiz gehäuft auf.   Gründe hierfür sind die hohe allgemeine Lebenserwartung, die gute medizinische Versorgung, eventuell auch genetische Gründe und die hochwertige Ernährung mit reichlich tierischen Fetten und Eiweissen.  Man kennt seit langem das weitaus geringere Prostatakrebsrisiko von Ostasiaten, wenn sie sich nach traditioneller Weise ernähren, d.h. Fisch und Sojaprodukte dem Fleisch vorziehen.

Prostatakrebs ist häufig ein langsam wachsender Tumor, aber leider ist das nicht immer so. Heilbar ist Prostatakrebs nur dann, wenn er frühzeitig erkannt wird.  Aus diesem Grunde raten wir zu regelmässigen Vorsorgeuntersuchungen. Diese beinhalten neben der körperlichen Untersuchung und Ultraschall auch die Bestimmung des Prostatagewebemarkers PSA (Prostata-spezifisches Antigen).  Die erhobenen Befunde müssen sorgfältig gewichtet werden.  Sehr hilfreich sind Verlaufswerte, da der PSA-Wert in vielen Fällen natürlichen Schwankungen unterliegt.  Dabei kann es nicht das Ziel sein, jeden Prostatakrebs zu entdecken.  Vielmehr dürfen aber die Karzinome nicht verpasst werden, die für den Mann zur Lebensgefahr werden könnten.  Hierbei hilft uns unsere jahrzehntelange Erfahrung.

Einen klaren PSA-Grenzwert gibt es nicht.  Dieses haben die grossen Studien zum PSA-Screening gezeigt, die u.a. unter dem Mantel der EORTC (European Organisation for Research and Treatment of Cancer) unter Schweizerischer Beteiligung durchgeführt wurden. Wenn alleine der PSA-Grenzwert von 3 oder 4ug/l die Entscheidung zur Gewebeentnahme triggerte, müssten sich über 40 Männer einer Behandlung unterziehen, um einen vor dem Tod an Prostatakrebs zu retten.

Für die Entscheidung zur weitergehenden Abklärung braucht es daher weitere Indizien.  Dabei hat sich in den letzten Jahren die Magnetresonanztomographie der Prostata (MRI Prostata) als äusserst hilfreich erwiesen.  In den Händen eines erfahrenden Radiologen dürften zumindest 90% der bedeutsamen Prostatakarzinome im MRI erkannt werden.  Die Entscheidung zur Prostatabiopsie, d.h. zur Gewebeentnahme, fällt daher erst bei einem breit abgestützten Verdacht auf das Vorliegen eines für den Patienten relevanten Prostatakarzinoms.

Die Prostatabiopsie erfolgt in örtlicher Betäubung mit Hilfe eines in den Enddarm eingeführten schmalen Ultraschallkopfes, über den die Prostata genau eingesehen  und gezielt punktiert werden kann.  Hierbei wird die auffällige Lokalisation vom MRI auf die Ultraschallabbildung übertragen im Sinne einer sogenannten „Kognitiven Fusion.“  Um den Patienten vor der einzigen gefürchteten Nebenwirkung der Biopsie, einer hoch fieberhaften Entzündung, zu schützen, wird eine Antibiotikaprophylaxe benötigt.  Eine Tumoraussaat durch die Biopsie muss dagegen beim Prostatakrebs nicht befürchtet werden.

Der Pathologe erstellt nach mikroskopischer Beurteilung des entnommenen Prostatagewebes ein histopathologisches Gutachten.  Dieses ist die Grundlage für die anschliessende Besprechung mit dem Patienten und für eine etwaige Empfehlung zu weitergehenden Untersuchungen, wie Knochenszintigraphie und Computertomographie des Bauchraums und des Beckens zum Ausschluss von Metastasen.

Behandlungen beim Prostatakrebs

Radikale Prostatektomie: Die Entfernung der Prostata, der Samenblasen und der Lymphknoten im kleinen Becken ist die anerkannte Behandlungsform beim lokalisierten Prostatakarzinom. Seit über siebzehn Jahren setzen wir bei dieser Operation das DaVinci-System ein, welches eine fast mikrochirurgische Entfernung der Prostata in schonender Schlüssellochtechnik erlaubt. Das Auftreten von postoperativen Komplikationen ist in der Hand des erfahrenen Operateurs gering. Allerdings besteht in Abhängigkeit von der Tumorausdehnung und des Alters auch bei dieser Technik das Risiko einer Impotenz von bis zu 50 Prozent.

Strahlentherapie: Beim organbegrenzten Prostatakarzinom kann die Strahlentherapie eine Alternative zur radikalen Prostatektomie sein.  Allerdings kann die Strahlentherapie eine Impotenz oft nicht verhindern.  Typisch sind mehr oder weniger ausgeprägte Störungen beim Wasserlösen, die sich dann meist über Monate erstrecken.  Auch ist das Risiko für die Ausbildung weiterer bösartiger Erkrankungen im bestrahlten Gewebeareal erhöht.

Eine spezielle Form der Strahlentherapie ist die sog. Brachytherapie, bei der reiskorngrosse radioaktive Strahler (Jod-125- Seeds) in die Prostata auf operativem Wege permanent eingebracht werden. Diese Behandlung wird in der Schweiz nur von einzelnen spezialisierten Kliniken angeboten, darunter der Klinik Uroviva in Bülach.

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Hormontherapie: Diese Behandlungsform ist nicht mit einer Chemotherapie zu verwechseln.  Prostatakrebswachstum ist meistens abhängig von Testosteron, dem männlichen Sexualhormon.  Gezielte hormonelle Interventionen werden vor allem bei fortgeschrittenem Prostatakrebs eingesetzt und vermögen die Krankheit oft für viele Jahre unter Kontrolle zu halten.

Fokaltherapie: Beim Prostatakrebs ist die Ausgangslage für eine Teilbehandlung der Drüse ungünstig. Dabei wäre die Hoffnung, durch eine sogenannte Fokaltherapie das Risiko für Nebenwirkungen zu reduzieren.  Dazu werden Methoden wie HIFU (hochintensiver fokussierter Ultraschall) und IRE (Irreversible Elektroporation) angeboten.  Problematisch zeigt sich dabei, dass bei klinisch bedeutsamen Tumoren praktisch immer mehrere unzusammenhängende Krebsherde vorliegen, meist in beiden Prostatalappen lokalisiert.  Trotz Fortschritten der MRI-Diagnostik sind die bildgebenden Verfahren noch zu unzuverlässig, um alle Krebsherde präzise in der Prostata zu lokalisieren.

Daher gilt bisher unverändert die allgemeine Empfehlung, die Prostata vollständig behandeln zu lassen, sobald der Krebs die Kriterien einer Behandlungswürdigkeit erfüllt. Da jedoch Prostatakrebs in vielen Fällen nur langsam wächst und lange keine Beschwerden verursacht, kann oft Jahre mit dem Einleiten einer Behandlung gewartet werden. Hier empfehlen sich jedoch regelmässige Kontrolluntersuchungen im Sinne einer Active surveillance.